Marburg. Das Land Hessen hat ein Programm für Schutzmaßnahmen von Tier- und Pflanzenarten aufgelegt, das Auswirkungen des Klimawandels entgegenwirken soll. Im Rahmen des „Integrierten Klimaschutzplans Hessen 2025“ werden finanzielle Mittel zur Verfügung gestellt, die durch den Klimawandel bedrohten Tier- und Pflanzenarten zugutekommen sollen. Bürgermeister Wieland Stötzel freut sich gemeinsam mit der Unteren Naturschutzbehörde, dass ein mögliches Projektgebiet in Marburg liegen könnte.
Die Lahn und ihre Aue bei Ronhausen sind Teil des Landschaftsschutzgebietes „Auenverbund Lahn Ohm“ und damit ein wichtiger Bestandteil im Biotopverbund. Sie bietet einen wichtigen Lebensraum für viele Tiere und Pflanzen der Gewässer und Auen. Dazu gehören unter anderem Vogelarten wie Bekassine oder Flussregenpfeifer, aber auch Amphibien und zahlreiche Insekten. Damit das so bleibt, soll die Lahnaue aufgewertet werden.
Tiere und Pflanzen, die auf an Wasser gebundene und strukturreiche Auenbereiche angewiesen sind, werden zunehmend durch die Auswirkungen des Klimawandels bedroht. Zu diesen negativen Auswirkungen zählen zum Beispiel langanhaltende Trockenperioden, die Zunahme von Starkregen-Ereignissen oder die Erhöhung der Jahresmitteltemperatur. Arten, die von diesen Folgen des Klimawandels betroffen sind, zählen zu den sogenannten „Klimaverlierern“. Wenn sich die Bedingungen in den bestehenden Ökosystemen durch den Klimawandel soweit verändern, dass diese Arten keinen geeigneten Lebensraum mehr vorfinden, müssen sie in andere, noch geeignete Gebiete ausweichen, oder es kommt zum Aussterben einzelner Populationen.
Für dieses Ausweichen sind entsprechend vernetzte Lebensräume als Korridore erforderlich. Flüsse und ihre Auen gelten von je her als solche und gewinnen somit zunehmend an Bedeutung für den Biotopverbund und für den Artenschutz. Um die Lebensräume und deren Verbund zu verbessern, werden Landesmittel im Rahmen des „Integrierten Klimaschutzplans Hessen 2025“ in Maßnahmen zur Erhaltung und Weiterentwicklung von Verbundsystemen potentieller Klimaverlierer investiert.
Der Auenlebensraum entlang der Lahn bei Ronhausen wird zurzeit landwirtschaftlich intensiv durch Äcker und Wirtschaftsgrünland genutzt und bietet dadurch kaum Lebensraum für Arten der Gewässer und Auen. Im Rahmen des Integrierten Klimaschutzplans Hessen möchte die Stadt Marburg daher den Auenbereich westlich von Ronhausen durch strukturelle Aufwertung wiederherstellen und dessen Funktion im Lebensraumverbund stärken. Gleichzeitig aber soll die landwirtschaftliche Nutzung weitgehend erhalten bleiben. Dies kann durch eine naturnahe, sanfte Bewirtschaftung erfolgen, die den Ansprüchen von Arten und Lebensraum Rechnung trägt. Die Umwandlung von intensiv genutzten Ackerflächen in Grünland, der Verzicht auf den Einsatz von chemischen Spritz- und Düngemitteln sowie eine zeitlich angepasste Nutzung sind denkbar. Die Vorbereitung und Planung des Projektes sieht einen umfangreichen Abstimmungsprozess vor. Insbesondere die Nutzer und Eigentümer der landwirtschaftlichen Flächen werden beteiligt.
Mögliche Maßnahmen, die den Auenlebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten verbessern, wären die Anlage von Kleingewässer und Flutmulden, Totholz- oder Steinhaufen. Blüh- und Brachestreifen oder auch sogenannte Altgras- und Uferschutzstreifen werten die bewirtschafteten Wiesen auf und geben vielen Tieren und Pflanzenarten Lebensraum, Nahrung und Schutz.
Die Stadt Marburg wird bei diesem Vorhaben durch das Regierungspräsidium Gießen und die Hessische Landgesellschaft unterstützt. Das Projekt steht mit seiner Idee noch ganz am Anfang und ist insbesondere auf die Mitwirkung der Eigentümer und Pächter angewiesen. Durch einen gemeinsamen Abstimmungsprozess besteht die Chance zu zeigen, dass eine landwirtschaftliche Nutzung unter Berücksichtigung von naturschutzfachlichen Aspekten möglich ist. Gemeinsam kann dabei ein wichtiger Beitrag zum Natur- und Artenschutz geleistet und im Rahmen des Klimaschutzplanes die Stärkung des Lebensraumverbundes vorangebracht werden.
Quelle: Pressemitteilung der Universitätsstadt Marburg (04. März 2021)